Allgemeines zu Motorradreifen |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Da die Reifen besonders sicherheitsrelevante Bauteile an einem Motorrad darstellen, habe ich hier einige allgemeine Informationen zusammengestellt. Das ganze ist natürlich nicht auf meinem Mist gewachsen, die meisten Infos sind aus entsprechenden Nachschlagewerken verschiedener Reifenhersteller. Luftdruck Die meisten Reifenschäden werden durch falschen Luftdruck ausgelöst oder verschlimmert. Außerdem beeinflusst der Luftdruck das Fahrverhalten eines Motorrades wesentlich. Die Fahrzeughersteller schreiben den Luftdruck vor, der mindestens einmal pro Woche am kalten Reifen überprüft werden soll. Die Werte stehen im Fahrerhandbuch, außerdem meist noch unter der Sitzbank oder an der Schwinge. Bei Soziusbetrieb wird der Reifendruck im Hinterreifen in der Regel um 0,2 bar erhöht. Für den Autobahneinsatz wird eine Erhöhung um 0,2 bar an beiden Rädern empfohlen. Zu geringer Reifendruck führt zu übermäßiger Erwärmung des Reifens, die bis zur Zerstörung führen kann. Zu hoher Druck verschlechtert das Fahrverhalten, den Fahrkomfort und das Abriebbild. Nach der Reifendruckkontrolle darf man nicht vergessen die Ventilschutzkappe, am besten eine aus Metall mit Gummidichtring, wieder aufzuschrauben. Tragfähigkeit und Geschwindigkeit Die Tragfähigkeit und die zulässige Höchstgeschwindigkeit sind in der Reifenkennung festgelegt. Die zulässigen Achslasten (Zeile 14 und 15 im Fahrzeugschein) dürfen auf keinen Fall überschritten werden. Dies ist besonders bei Urlaubsfahrten zu beachten, wenn mehr Gepäck als üblich mitgeführt wird. Tabelle 1. Bedeutung der Geschwindigkeitssymbole auf den Reifen
Tabelle 2. Bedeutung der Tragfähigkeitskennzahlen LI (= Load Index)
Profiltiefe Laut StVZO beträgt die Mindestprofiltiefe bei Motorradreifen 1,6 mm, bei Kleinkraft- und Leichtkrafträdern 1 mm.
Neue Reifen Bei der Montage von neuen Schlauchreifen (TT = Tubetype) sind grundsätzlich neue Schläuche einzulegen. Da sich die alten Schläuche gedehnt haben, besteht bei einer Wiederverwendung die Gefahr der Faltenbildung, wodurch sich die Schläuche im Fahrbetrieb aufscheuern könnten. Bei der Montage von Schlauchlos-Reifen (TL = Tubeless) wird aus Sicherheitsgründen empfohlen, neue Ventile zu verwenden. Da beim Bremsen, Beschleunigen, schneller Autobahnfahrt usw. die Zentrifugalkräfte im Extremfall das Ventil um bis zu 90 ° verbiegen, müssen kurze Ventile verwendet werden. Im dynamischen Zustand bei Geschwindigkeiten von über 200 km/h werden die Fliehkräfte, die auf die Masse des Ventileinsatzes wirken, so groß, dass die Federvorspannung und der Innendruck nicht mehr ausreichen, um das Ventil geschlossen zu halten. Bei kurzen Ventileinsätzen ist die Schließkraft höher, bzw. die bewegte Masse geringer, so dass das Ventil bis zur V-Max des Reifens geschlossen bleibt. Noch besser sind kurze Ventileinsätze mit rotem Teflonring. Diese haben eine wesentlich höhere Federvorspannung. Die meisten Reifenhersteller schreiben, das Schlauchlosreifen nicht mit
Schläuchen auf Schlauchfelgen gefahren werden dürfen. Manche schränken wieder
auf bestimmte Fälle ein. Z. B. Metzeler: 1. Metzeler Reifen mit Metzeler Schlauch verwenden (natürlich :))
Felgen Motorradreifen dürfen grundsätzlich nur auf Motorradfelgen montiert werden.
Bei 13"-, 14"- und 15"-Bereifung steht M/C (=Motorcycle) in der
Felgen- und Reifenbezeichnung. Generell müssen bei Speichenrädern Schläuche verwendet werden, da die Felgen an den Anschlussstellen der Speichen nicht dicht sind. Natürlich gibt es keine Regel ohne Ausnahmen. Honda hatte in den 80er Jahren schon an den XL600RM und LM Modellen Felgen verbaut, an denen die Speichen umgekehrt eingebaut wurden. An der Felge war ein Steg in dem die Speichen eingehängt waren und in der Nabe waren die Verschraubungen, um die Speichen zu spannen. So waren die Felgen dicht und man konnte schlauchlose Reifen ohne Schlauch fahren. BMW hat die sogenannten Kreuzspeicheräder entwickelt. In diesem Fall sind die Speichen zwar in der herkömmlichen Richtung eingebaut, die Speichennippel sind jedoch seitlich an der Felge angebracht, so dass keine Verbindung zur Luftkammer des Reifens besteht.
Aufbau eines Speichenrades (Bild 1) Fälschlicherweise wird das komplette Rad (ohne Reifen) als Felge bezeichnet, obwohl nur der Teil des Rades die Felge ist, wo der montierte Reifen aufliegt. Üblicherweise besteht ein Speichenrad aus der Nabe (2), den Speichen (7/8), der Felge (12) und dem Reifen (13). Bei den Speichenrädern, wie sie u. a. auch an der Transalp montiert sind, kommen noch das Felgenband (15) und der Schlauch (14) hinzu.
Die Nabe Die Nabe ist die Verbindung zwischen der starren Achse und dem drehbaren Rad. In der Nabe sind die Radlager eingebaut, die eine leichtgängige Drehbewegung erst ermöglichen. An der Nabe sind auch die Aufnahmen für die Bremsscheiben oder Bremstrommeln angebraucht, bei Hinterrädern auch die Aufnahme für das Kettenrad oder ein Zahnkranz für den Kardanantrieb (wie z. B. bei der NTV 650).
Die Speichen Um die Nabe mit der Felge zu verbinden, werden Drahtspeichen eingesetzt. Diese bestehen aus Stahldrähten, die je nach Maschinengewicht und Einsatzzweck unterschiedliche Durchmesser haben. Abhängig von der Bauart der Nabe, z. B. eine oder zwei Bremsscheiben, Kardan- oder Kettenantrieb usw. haben die Speichen je Seite unterschiedliche oder gleiche Längen (siehe Bild, Pos. 7 und 8). Die Speichen sind in ihrer Festigkeit so ausgelegt, dass die Kraft auf möglichst viele Speichen verteilt wird. Ist eine Speiche lose oder gar abgerissen, so müssen die Nachbarspeichen eine größere Kraft aufnehmen und werden dadurch stärker belastet. Durch die größere Belastung kann es zu weiteren Speichenbrüchen kommen, die Belastung der anderen Speichen steigt noch weiter an und es entsteht praktisch eine Kettenreaktion, die zur Zerstörung des Rades führen kann. Deshalb sollte man von Zeit zu Zeit, praktischerweise beim Reifenwechsel, die Speichen mit einem Schraubenzieher abklopfen. Sie sollen einen hellen, nicht scheppernden Klang haben und alle Speichen sollten möglichst ähnlich klingen. Bei verschieden langen Speichen unterscheidet sich natürlich auch die Klangfarbe. Manchmal liegen auch zwei Speichen aneinander an, hier muss bei der Überprüfung der einen Speiche die andere vorsichtig weggedrückt werden. Ist eine Speiche lose, so kann sie vorsichtig und mit viel Gefühl an den Speichennippeln nachgezogen werden. Dabei aber sorgfältig arbeiten, sonst hat man sich einen Achter reingezogen. Die Speichennippel rosten auch gerne fest und können beim Nachziehen abreißen. Um das zu verhindern, kann man beim Reifenwechsel von oben her etwas Kriechöl auf die Speichennippel sprühen. Wer sich die Arbeiten an den Speichen nicht zutraut, sollte sich lieber einen Fachbetrieb suchen, dieses Geld sollte einem die eigene Sicherheit schon wert sein.
Die Reifen Hier soll nur kurz auf den Unterschied von Schlauch- und schlauchlosen Reifen eingegangen werden. Schlauchlose Reifen dürfen nur auf Felgen montiert werden, die dafür ausgelegt sind, siehe auch Kapitel Felgenkontur. Hier muss ein sicherer rutschfreier und dichter Sitz auf der Felge gewährleistet sein. Bestimmte schlauchlose Reifen dürfen auch auf die Felgen der Transalp montiert werden, dass Felgenbett ist dafür ausgelegt. Aber auch die schlauchlosen Reifen müssen generell mit einem Schlauch montiert werden, da die Felgen der Transalp an den Anschlussstellen der Speichen nicht dicht sind. Generell sitzen die schlauchlosen Reifen strammer auf der Felge und sind bei der Demontage nur schwer ins Felgenbett zu drücken bzw. bei der Montage rutschen sie nicht so leicht in den Felgenhump rein. Auch hier gilt, wer gut schmert, der gut fährt.
Der Schlauch Die Hersteller schreiben vor, dass in ihre Reifen nur Schläuche aus dem gleichen Hause eingebaut werden dürfen. Einen einleuchtenden Grund dafür habe ich aber nicht erkennen können. Die Reifen variieren im Durchmesser, in der Breite und im Höhenverhältnis zueinander. Selbst bei gleichen Größenbezeichnungen kann es zwischen den Herstellern Unterschiede in der tatsächlichen Größe geben. Die Schläuche werden deshalb und natürlich auch weil sie elastischer als Reifen sind, in einem Größenbereich angegeben, d. h. es gibt eigentlich keinen Schlauch, der für genau eine Größe passt. Auf einem Schlauch sind also mehrere Größen abgedruckt, z. B.: 120/90-17, 130/80-17, 140/80-17. Die Reifenbreite (z. B. 130) und das Höhenverhältnis (z. B. 80) können also einen mehr oder weniger weiten Bereich abdecken. Der Rad-Durchmesser (z. B. 17) muss aber immer genau stimmen! Verwendet man einen Schlauch, der für einen breiteren Reifen oder einen größeren Durchmesser als aufgedruckt ausgelegt ist, kann eine so große Unwucht entstehen, die nicht mehr mit Auswuchtgewichten ausgeglichen werden kann. Im schlimmsten Fall schlägt der Schlauch im Reifen Falten und kann an diesen Stellen durchscheuern, was zu einem bösen Sturz führen kann. Ist der Schlauch zu klein, so wird der Schlauchgummi zu weit gedehnt und kann durch Überbeanspruchung reißen. Deshalb immer darauf achten, dass der richtige Schlauch eingebaut wird. Für Motocross Einsätze gibt es auch verstärkte Schläuche, die nicht gleich bei jedem spitzen Stein kaputt gehen. Diese eignen sich leider nicht gut für Wüstenreisen, da die herkömmlichen Flicken bzw. die Vulkanisiermasse meist nicht auf diesem Gummi halten.
Das Felgenband Die Speichennippel bzw. die evtl. etwas vorstehenden Gewinde der Speichen, haben manchmal Grate oder Spitzen, die den Schlauch beschädigen können. Um den Schlauch davor zu schützen, wird ein Felgenband über diesen Bereich gezogen. Bei der Reifenmontage muss unbedingt auf den korrekten Sitz des Felgenbands geachtet werden, ein verrutschtes Felgenband schützt den Schlauch natürlich nicht mehr. Ein beschädigtes Felgenband muss auf jeden Fall ersetzt werden, um einem möglichen Plattfuß mit evtl. Sturzfolge vorzubeugen. Manche wickeln anstelle des Felgenbandes einige Lagen Gewebeband um die Felge. Dies hat den Vorteil, dass ein Verrutschen nicht mehr möglich ist.
Reifenhalter Im Offroadbetrieb, besonders bei Fahrten durch Dünen und Sandgebiete, fährt man oft mit herabgesetzten Luftdruck, um die Aufstandsflächen der Reifen zu vergrößern und damit ein Einsinken im Sand zu verhindern. Bis zu einem bar kann der Luftdruck ohne Probleme herangesetzt werden. Reduziert man den Druck noch weiter, so wird der Reifen nicht mehr genügend auf die Felge gepresst und kann sich bei Krafteinleitung durch starkes Gasgeben oder Bremsen auf der Felge drehen. Bei der Drehung wird der Schlauch mitgedreht, wodurch das Ventil abreissen kann. Um dies zu verhindern, gibt es sogenannte Reifenhalter, mit denen der Reifen auf die Felge geklemmt wird. Der Reifenhalter ist praktisch ein Kunststoffkeil mit eingegossenem Gewindebolzen, der bei der Reifenmontage mit in den Reifen eingebaut wird. Der Gewindebolzen wird durch ein bereits vorhandenes Loch (ab Werk mit einem Gummi verschlossen) in der Felge gesteckt und nach der Reifenmontage und dem Aufpumpen des Reifens mit einer Mutter angezogen. dadurch zieht sich der Keil gegen die Felge und klemmt dabei den Reifen auf dem Felgenwulst fest. Wer viel Offroad fährt, sollte die Kontermutter des Ventils nicht gegen die Felge sondern nach oben gegen die Ventilkappe drehen oder sogar ganz weglassen. Dadurch ist das Ventil etwas beweglich und kann sich etwas schräg stellen statt gleich abzureißen, falls der Reifen sich auf der Felge dreht. Außerdem kann man am schräg stehenden Ventil erkennen, dass sich der Reifen gedreht hat. In diesem Fall die Maschine so hinstellen, dass das entsprechende Rad (meist das Hinterrad) frei ist und die Luft aus dem Reifen ablassen. Falls ein Reifenhalter eingebaut ist, diesen lösen und mit einem dicken Hammer oder ähnlichem auf den Reifen schlagen. Schon nach kurzer Zeit sollte der Reifen wieder in seiner ursprünglichen Position sein.
Freiräume Ein ausreichend großer Freiraum am Motorrad gewährleistet dem Reifen in allen Fahrbereichen genügend Abstand zur Radabdeckung, Gabel, Schwinge usw. Aufgrund der Fliehkräfte vergrößert sich der Durchmesser des Reifens (besonders bei Diagonalreifen). Deshalb muss unbedingt auf Veränderungen im Radstand wie z. B. durch verschlissene Ketten. Die Markierungen auf dem Kettenverstellbereiches sollten eingehalten werden. Vergrößert man das hintere Kettenrad um die Übersetzung zu verkürzen, und verwendet die gleiche Kettenlänge, kann der Reifen bei hohen Geschwindigkeiten an der Schwinge schleifen. Das gleiche gilt auch bei der Montage von Reifen mit größerem Querschnittsverhältnis und/oder langen Stollen, wie z. B. dem Michelin Desert (140/90-17 / 140/90-18).
Kombination unterschiedlicher Bauarten Die Bauart der Bereifung wird nach eingehenden Tests von Motorrad- und Reifenhersteller festgelegt. Nach der Änderung der StVZO §36 ab 01.01.1994 ist eine "Mischbereifung" bei Motorrädern grundsätzlich erlaubt. Somit ist die Kombination von Radialreifen mit Diagonalreifen technisch möglich. Eine Montage darf jedoch nur mit der entsprechenden Freigabe erfolgen.
Motorradreifen auf Prüfständen Leistungs- und Bremsprüfstände stellen für die Reifen eine Extrembelastung dar. Bei der Durchführung von Leistungs- und Bremsprüfungen können sichtbare und versteckte Reifenschäden entstehen, die unter Umständen erst viel später zum plötzlichen Ausfall führen können.
Reifenreparaturen Beschädigungen an einem Reifen sollten grundsätzlich von einem Fachmann überprüft werden. Vor Reifenreparaturen wird aus Sicherheitsgründen abgeraten. Die auf dem Markt erhältlichen Pannenhilfen sind nur als Notbehelfe anzusehen. Bei deren Verwendung sind die Anweisungen des Reparaturmittelherstellers zu beachten. Das Einlegen eines Schlauches zum Abdichten eines beschädigten Reifens ist verboten (§36, 6 StVZO).
Nachschneiden des Profils Motorradreifen dürfen nicht nachgeschnitten werden (§36, 6 StVZO).
Reifenlagerung Der Lagerraum für Reifen soll kühl, trocken, dunkel und mäßig gelüftet sein. Reifen die nicht auf Felgen montiert sind, sind stehend zu lagern. Kraftstoffe, Schmierstoffe, Lösungsmittel und Chemikalien dürfen nicht im gleichen Raum gelagert werden.
Einfahren der Reifen Die Vulkanisation der Reifen erfolgt in einer Stahlform. Die Oberfläche der Neureifen ist deshalb sehr glatt. Erst durch das Aufrauen der Lauffläche während der Einfahrzeit (auch im Schulterbereich notwendig) erreicht der Reifen seine volle Haftfähigkeit. Über die Einfahrzeit habe ich unterschiedliche Werte in Erfahrung gebracht. Michelin sagt ca. 100 km bei gemäßigter Fahrweise, Pirelli und Metzeler schlagen ca. 200 km vor. |